Es war fantastisch. Es hat richtig Spaß gemacht, sich mal mit jemandem auf einem richtig hohen Niveau über Gesellschaft und Kapitalismus zu unterhalten. Er ist wirtschaftlich eigentlich eher liberal eingestellt und ich bin halt Kommunist. Wenn wir das noch ein paar mal öfters machen, werde ich den mit Sicherheit auch noch zum Kommunismus bekehrt. Das ganze wurde dann nochmal spannender, als wir das Gespräch ziemlich bekifft weitergeführt haben.

  • Prunebutt@slrpnk.net
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    6 days ago

    Es stimmt nicht, dass Egoismus ein rein gesellschaftlich impliziertes Phänomen ist

    Das hab ich so auch nicht behauptet. Mein Punkt ist, dass unser aktuelles Gesellschaftssystem fundamental auf Konkurrenz aufgebaut ist.

    Dass Spiele “meistens” den Zweck der “Rangfolge” haben kauf ich dir so leider auch nicht ab. Es gibt genügend Spezies, die spielen und keine Rangordnung besitzen.

    Wir leben de facto im Resourcenüberfluss. Nur ist das Ziel der kapitalistischen Wirtschaftsweise nicht die Versorgung der Menschen mit Resourcen, sondern Wirtschaftswachstum.

    Wenn du Anthropologie studiert hast, kennst du doch sicher David Graeber. Auf dessen Arbeit basiert meine Überzeugung größtenteils.

    • aaaaaaaaargh@feddit.org
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      6 days ago

      Mein Punkt ist, dass unser aktuelles Gesellschaftssystem fundamental auf Konkurrenz aufgebaut ist.

      Ja, das hab ich schon verstanden, daher kommt ja meine Antwort. Ich hab ja auch die These aufgestellt, dass das deshalb ist, weil es dem darwin’schen Naturzustand entspringt, so wie auch Kooperation. Das hab ich in anderem Zusammenhang mal bei Hobbes so gelesen, weiß aber nicht mehr, welches Buch das war. Da war aber auch die Konklusion, dass Kooperation nötig zur “Deckelung” ist, weil sonst die Rivalität ausartet.

      Dass Spiele “meistens” den Zweck der “Rangfolge” haben kauf ich dir so leider auch nicht ab.

      Das liegt daran, dass ich das nicht gesagt habe. Ich schrieb “Training und der Erlernung der Rangfolge”, also diese beiden Elemente. Außerdem bedeutet “meistens” eben gerade “nicht alle”, weswegen ich das überhaupt erst vorangestellt habe. Daher ist mir das schon klar, dass es andere Spezies gibt (bei Delphinen weiß man’s zum Beispiel nicht genau), aber das ist nicht relevant für die Betrachtung und ändert auch nichts an ihr.

      Wir leben de facto im Resourcenüberfluss. Nur ist das Ziel der kapitalistischen Wirtschaftsweise nicht die Versorgung der Menschen mit Resourcen, sondern Wirtschaftswachstum.

      Wir leben noch im Resourcenüberfluss. Da diese Resourcen aber nicht endlich sind und wir Nachhaltigkeit nicht hinbekommen, halte ich ein System basierend auf diesem Fundament für wackelig (daher u.a. meine ursprüngliche Aussage). Außerdem war es eigentlich nicht so gemeint. Wenn keine Not der Versorgung besteht, dann kannst du im Prinzip jedes System einführen, aber es ist dann vermutlich nicht nachhaltig (siehe Römer als prominentes Beispiel). Ich halte sozialistische Ansätze dadurch durchaus für eine Lösung dieses Problems, zu der der Mensch aber leider nicht ohne Verbiegen kompatibel ist.

      Wenn du Anthropologie studiert hast, kennst du doch sicher David Graeber. Auf dessen Arbeit basiert meine Überzeugung größtenteils.

      Ich hab nicht ausschließtlich Anthropologie studiert, aber ich hab mich im Zuge meines ersten Hauptstudiums damit beschäftigt und fand es interessant. David Graeber sagt mir aber nichts, ich war im neuzeitlichen Philosophiekontext überwiegend mit Spieltheorie und damit vermutlich woanders beschäftigt.

      • Prunebutt@slrpnk.net
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        5 days ago

        Ich hab ja auch die These aufgestellt, dass das deshalb ist, weil es dem darwin’schen Naturzustand entspringt

        Und ich halte diese These für ein Missverstehen von Darwin.

        Das hab ich in anderem Zusammenhang mal bei Hobbes so gelesen, weiß aber nicht mehr, welches Buch das war. Da war aber auch die Konklusion, dass Kooperation nötig zur “Deckelung” ist, weil sonst die Rivalität ausartet.

        Ja, das Weltbild klingt sehr nach Hobbes. Vermutlich war das Buch sein “Leviathan”. Meines Wissens nach ist Hobbes nur mittlerweile wissenschaftlich widerlegt. Außerdem halte ich seine Logik für nicht schlüssig (kurz: Der Mensch ist nur auf seinen Vorteil aus und gleichzeitig weise genug, zu wissen, dass er seinen eigenen Vorteil zurückstecken muss… Dann ist der Mensch nicht nur auf seinen Vorteil aus).

        Das liegt daran, dass ich das nicht gesagt habe. Ich schrieb “Training und der Erlernung der Rangfolge”, also diese beiden Elemente. Außerdem bedeutet “meistens” eben gerade “nicht alle”, weswegen ich das überhaupt erst vorangestellt habe. Daher ist mir das schon klar, dass es andere Spezies gibt (bei Delphinen weiß man’s zum Beispiel nicht genau), aber das ist nicht relevant für die Betrachtung und ändert auch nichts an ihr.

        Naja, dann fehlt für mich der Beweis, dass Menschen einen ähnlichen Drang zur Rangordnung haben. Du sagst ja selbst, dass es nicht bei allen Spezies der Fall ist.

        Wir leben noch im Resourcenüberfluss. Da diese Resourcen aber nicht endlich sind und wir Nachhaltigkeit nicht hinbekommen, halte ich ein System basierend auf diesem Fundament für wackelig (daher u.a. meine ursprüngliche Aussage).

        Naja, der Sozialismus ist das einzige mir bekannte System, das auf eine Nachhaltige Nutzung von endlichen Ressourcen aus ist (ohne dabei Genozide durchzuführen).

        Ich kann David Graeber sehr ans Herz legen. Seine Arbeit war nicht perfekt, aber er hat es auf jeden Fall geschafft, als natürlich gegebene Narrative über die menschliche Entwicklung zu hinterfragen. Besonders in seinem Buch mit David Wengrow “Anfänge”, oder in seinem Buch “Schulden”. In ersterem wird z.B. mit Hobbes’ Leviathan abgerechnet. Ein bisschen kürzer ist Fragments of an anarchist anthropology

        • aaaaaaaaargh@feddit.org
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          5 days ago

          Und ich halte diese These für ein Missverstehen von Darwin.

          Der Begriff der natürlichen Selektion besagt meiner Auffassung nach, dass das stärkere Individuum die Nachkommen zeugt, um die Robustheit der Art zu erhöhen. Demnach ist das der Evolutionstheorie entsprechend ein Naturzustand. Darauf habe ich nur argumentiert, wo habe ich deiner Meinung nach hier Darwin missverstanden?

          Ja, das Weltbild klingt sehr nach Hobbes. Vermutlich war das Buch sein “Leviathan”. Meines Wissens nach ist Hobbes nur mittlerweile wissenschaftlich widerlegt. Außerdem halte ich seine Logik für nicht schlüssig (kurz: Der Mensch ist nur auf seinen Vorteil aus und gleichzeitig weise genug, zu wissen, dass er seinen eigenen Vorteil zurückstecken muss… Dann ist der Mensch nicht nur auf seinen Vorteil aus).

          Hobbes wurde nicht widerlegt, sondern von seinen Nachfolgern teils kritisiert. Es kamen dann andere Denker wie Rousseau hinzu, die Kooperation als Naturzustand hinzufügten. Das ist aber ein gewöhnlicher Prozess einjeder Wissenschaft, Kontroverse erzeugt nicht automatisch Kontradiktion.

          Naja, dann fehlt für mich der Beweis, dass Menschen einen ähnlichen Drang zur Rangordnung haben. Du sagst ja selbst, dass es nicht bei allen Spezies der Fall ist.

          Intrinsische Hierarchiebildung beim Menschen ist überall zu finden und auch wissenschaftlich kulturübergreifend nachweisbar. Es gibt sogar Studien, die das Erkennen von Statusunterschieden auf evolutionäre Entwicklungen zurückführen. Darüber hinaus würde ich jeden indigenen Initiationsritus als etwas betrachten wollen, das eine Eingliederung in eine soziale Hierachie darstellt - das aber nur als persönliche Vermutung.

          Naja, der Sozialismus ist das einzige mir bekannte System, das auf eine Nachhaltige Nutzung von endlichen Ressourcen aus ist (ohne dabei Genozide durchzuführen).

          Ja, das sehe ich auch so. Ich meinte das auch anders, auf den gesellschaftlichen Aspekt bezogen. Wenn die Voraussetzung für funktionierenden Sozialismus im Resourcenüberschuss gesucht wird, dann halte ich das dahingehend für kritisch, als dass Gesellschaftssysteme erst dann spürbar werden, wenn der persönliche Luxus (=Überschuss) zu Gunsten einer Allgemeinheit (oder im Falle von hegemonialen Strukturen eben zu Gunsten des Souveräns) eingeschränkt wird. Deswegen ja mein Argument: im Überfluss funktioniert so gut wie jede Staatsform, wodurch der Sozialismus aber nicht an anderer Problematik verliert.

          Ich kann David Graeber sehr ans Herz legen. Seine Arbeit war nicht perfekt, aber er hat es auf jeden Fall geschafft, als natürlich gegebene Narrative über die menschliche Entwicklung zu hinterfragen. Besonders in seinem Buch mit David Wengrow “Anfänge”, oder in seinem Buch “Schulden”. In ersterem wird z.B. mit Hobbes’ Leviathan abgerechnet. Ein bisschen kürzer ist Fragments of an anarchist anthropology

          Ich bin gerade sowieso am suchen nach neuer Lektüre in der Richtung, das kommt sehr gelegen. Danke dir für den Tipp!